Die Gemeinde Sölden war bekanntlich in einem ersten Widerstreitverfahren gegen das Vorhaben der TIWAG „Ausbau Kraftwerk Kaunertal“ mit ihrem Projekt an der Gurgler Ache erfolgreich. Die TIWAG hatte nämlich für das Widerstreitverfahren nach dem Wasserrechtsgesetz zu spät bekanntgegeben, wo der Speichersee errichtet werden soll. Dies wurde durch das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 18.12.2014, Ro 2014/07/0033, festgestellt. In Folge dessen kann die TIWAG das Wasser aus der Gurgler Ache nicht für den Ausbau des Kraftwerks Kaunertal heranziehen, dies jedenfalls so lange nicht, als der Antrag der Gemeinde Sölden für die Errichtung eines Kraftwerks an der Gurgler Ache nicht rechtskräftig versagt wird.
Die Gemeinde Sölden hat außerdem eine Bewilligung für ein Kraftwerk an der Venter Ache beantragt. Zumal die TIWAG für den Ausbau des Kraftwerks Kaunertal auch das Wasser aus der Venter Ache beziehen will, wurde auch in diesem Fall die Durchführung eines Widerstreitverfahrens nach dem Wasserrechtsgesetz beantragt. In einem derartigen Verfahren soll dann, wenn zwei oder mehrere Vorhaben nicht nebeneinander verwirklicht werden können, geklärt werden, welchem Vorhaben der Vorzug gebührt.
Der zuständige Bundesminister hat den Antrag der Gemeinde Sölden auf Durchführung eines derartigen Widerstreitverfahrens zurückgewiesen. Begründet wurde diese Entscheidung damit, dass die Gemeinde Sölden mit dem Vorhaben an der Venter Ache bereits am Widerstreit betreffend ihr Vorhaben an der Gurgler Ache einerseits und dem besagten Antrag der TIWAG andererseits teilnehmen hätte müssen.
Das mit der Beschwerde der Gemeinde Sölden befasste Landesverwaltungsgericht Tirol hat den Bescheid des Bundesministers mit Erkenntnis vom 03.02.2016 aufgehoben. Entgegen den Ausführungen des Bundesministers bestand für die Gemeinde Sölden keine Verpflichtung, mit ihrem Vorhaben an der Venter Ache bereits am Widerstreit zwischen dem Vorhaben an der Gurgler Ache und dem Projekt der TIWAG teilzunehmen. Das Vorhaben an der Venter Ache kann parallel mit dem an der Gurgler Ache, dem ja im ursprünglichen Verfahren der Vorzug eingeräumt wurde, verwirklicht werden, weshalb das ursprüngliche Widerstreitverfahren dem neuen Antrag für ein Kraftwerk an der Venter Ache nicht entgegen steht. Außerdem ist es nach Ansicht des Landesverwaltungsgerichts für das Widerstreitverfahren zulässig, dass die TIWAG ihren Antrag betreffend den Wassereinzug aus der Gurgler Ache zunächst lediglich mit einem Schreiben eingeschränkt hat, ohne dass dazu die erforderlichen Anpassungen am Projekt vorgenommen werden. Dies begründet das Landesverwaltungsgericht damit, dass durch die ausdrückliche Einschränkung des Projekts der TIWAG für das Widerstreitverfahren klargestellt ist, dass das Genehmigungshindernis für die TIWAG aus dem ersten Widerstreitverfahren nicht mehr vorliegt. Außerdem ist es auch nicht beachtlich, wenn der Antrag nach der von der TIWAG erwarteten Abweisung des Antrages der Gemeinde Sölden für das Vorhaben an der Gurgler Ache wieder im ursprünglichen Umfang geltend gemacht werden soll. Der Bundesminister muss daher nach der Entscheidung des Landesverwaltungsgerichts den Antrag auf Durchführung eines Widerstreitverfahrens inhaltlich prüfen und entscheiden, welchem der Vorhaben – dem der Gemeinde Sölden an der Venter Ache oder dem der TIWAG zum Ausbau des Kraftwerks Kaunertal – aus öffentlichen Interessen der Vorzug gebührt. Die ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof gegen die Entscheidung des Landesverwaltungsgerichts wurde zugelassen.