Die TIWAG hat an der Leutascher Ache ein Wasserkraftwerk betrieben, das mittlerweile aufgelassen wurde. Für diesen Gewässerabschnitt liegen zwei Projekte zur zukünftigen energetischen Nutzung des Wassers vor. Bei einem der Vorhaben soll das alte TIWAG-Kraftwerk im Wesentlichen revitalisiert werden, beim anderen, von einem lokalen kommunalen Versorgungsunternehmen verfolgten Vorhaben soll die entnommene Wassermenge erhöht und durch eine eigene Druckleitung nach Mittenwald abgeleitet werden. Beim Vorhaben mit Ableitung des Wassers nach Deutschland kann mehr als das 10-fache an elektrischer Energie erzeugt werden als bei jenem, bei welchem das alte TIWAG-Kraftwerk revitalisiert werden soll. Allerdings wird dadurch auch die Leutascher Klamm beeinträchtigt, da sich bei Umsetzung des Vorhabens der Wasserdurchfluss durch die Klamm erheblich verringern würde.
Das österreichische Wasserrechtsgesetz sieht für einen derartigen Fall die Durchführung eines Widerstreitverfahrens vor. Dabei ist zu überprüfen, welches der konkurrierenden Vorhaben dem öffentlichen Interesse besser dient. Der Landeshauptmann von Tirol hat ein derartiges Verfahren durchgeführt und dabei festgestellt, dass dem Vorhaben des lokalen kommunalen Versorgungsunternehmens der Vorzug einzuräumen ist.
Der im Verfahren vor dem Landeshauptmann unterlege Mitbewerber hat gegen diese Entscheidung eine Beschwerde an das Landesverwaltungsgericht Tirol eingebracht. Dieses hat nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung im November 2024 nunmehr die Beschwerde abgewiesen und die Entscheidung des Landeshauptmannes bestätigt. Dies wird insbesondere damit begründet, dass das Vorhaben der obsiegenden Partei auf Grund der wesentlich höheren Energiemenge und der wasserwirtschaftlich besseren Ausnutzung der örtlichen Gegebenheiten zu bevorzugen ist, dies trotz der zu erwartenden negativen Auswirkungen auf die Gewässerökologie und den Naturschutz. Im Verfahren haben dabei auch unionsrechtliche Aspekte eine gewichtige Rolle gespielt. So soll durch einen Ausbau der aus erneuerbaren Quellen erzeugten Energie einerseits die Abhängigkeit von fossiler Energie reduziert werden. Andererseits wird durch die höhere Energieproduktion auch dem Klimaschutz besser entsprochen. Dabei ist es nicht wesentlich, ob die Energie in Österreich oder im angrenzenden Ausland erzeugt wird, wie das Landesverwaltungsgericht insbesondere auch im Hinblick auf den bestehenden europäischen Energieverbund festhält.
Das Landesverwaltungsgericht Tirol hat allerdings klar festgehalten, dass mit dieser Entscheidung noch keine Genehmigung des Vorhabens der Gemeindewerke Garmisch-Partenkirchen verbunden ist. Ob dieses Vorhaben somit wasserrechtlich und – insbesondere auf Grund der zu erwartenden Beeinträchtigung der Leutascher Klamm – auch naturschutzrechtlich überhaupt genehmigt werden kann, haben nunmehr die zuständigen Behörden zu klären. Sollten die erforderlichen Genehmigungen nicht erteilt werden, würde die vorliegende Widerstreitentscheidung außer Kraft treten.
Da im vorliegenden Verfahren mehrere Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung zu klären waren wurde die ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof zugelassen.